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26.01.2023

Grundsätze der Arzneimittelzulassung: Gelten auch bei Risiken in der Schwangerschaft

Schwangere Frauen haben ausnahmsweise Anspruch auf ein für die konkrete Behandlung nicht zugelassenes Arzneimittel, um ihr ungeborenes Kind vor einer gefährlichen Infektion zu schützen. Dafür ist erforderlich, dass eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen tödlichen oder besonders schweren Verlauf spricht. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden und betont, dass die Grundsätze der Arzneimittelzulassung auch bei Risiken in der Schwangerschaft gelten.

Die schwangere Klägerin hatte sich mit dem für sie ungefährlichen Zytomegalievirus infiziert. Es bestand jedoch ein Ansteckungsrisiko für das ungeborene Kind mit potentiell schwerwiegenden Folgen bis hin zum Abort. Bei der großen Mehrheit der Schwangerschaften infizierter Mütter kommen Kinder gesund zur Welt. Das von der Klägerin begehrte Arzneimittel sollte die Ansteckungswahrscheinlichkeit für das Ungeborene verringern. Es war aber hierfür nicht zugelassen und nicht abschließend erforscht. Die Krankenkasse lehnte die Übernahme der Kosten deshalb ab.

Das BSG hat diese Entscheidung bestätigt. Der Staat müsse das Leben und die körperliche Unversehrtheit der Versicherten schützen. Diese Schutzpflicht erstrecke sich bei schwangeren Frauen auch auf das ungeborene Kind. Die Ausgestaltung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung obliege aber dem Gesetzgeber. Nur in extremen, nunmehr einfachgesetzlich geregelten Ausnahmefällen hätten Versicherte außerhalb des jeweils maßgeblichen Qualitätsgebots weitergehende Ansprüche, wenn sie sich in einer notstandsähnlichen Situation befinden. Dabei müsse eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen tödlichen oder besonders schweren Krankheitsverlauf sprechen. Das war laut BSG nach der hier allein möglichen statistischen Betrachtung nicht der Fall.

Bundessozialgericht, Entscheidung vom 24.01.2023, B 1 KR 7/22 R